2011/09 Mauern in uns

Mauern in uns, an denen Menschen sterben

4.9.2011 – 15 Uhr – auf dem Gedarmenmarkt (Nähe Deutscher Dom)

An unserem Tisch sitzt ein Überlebender der Kämpfe zwischen Moslems und Hindus in Indien 1948. Er berichtet von seiner Kindheit und Rettung in dieser Zeit. Heute schweigt er auf Staatsempfängen über sein Schicksal, da es nicht der derzeitigen Linie der indischen Politik entspricht.

Ein Angehöriger einer Shoah-Überlebenden hat ähnliche Erfahrungen gemacht. Juden und Christen, die in einer Familie in Liebe gelebt haben, sind durch den NS-Staat durch Ermordung getrennt worden und nach dem Krieg war es schwer, Ohren für das erfah­rene Leid zu finden.

Eine andere Gesprächsteilnehmerin klagt über ihre Kränkung durch die Ignoranz von Politikern, die den demokratischen Initiativen von Bürgerplattformen nicht entgegen­kommen und die Kraft dieser Menschen offenbar bewusst missachten und verpuffen lassen.

Die Gedenkkultur zur Berliner Mauer zeigt uns, dass die Verstrickungen in die Kon­flikte des kalten Krieges nicht wirklich ausgesprochen wurden. Das Mauerdenken geht in der Gegenwart weiter. Der eiserne Vorhang liegt heute am Mittelmeer. Dort sterben die Maueropfer von heute. In der Mauer im heiligen Land zwischen Israel und Palästina sehen wir einen weiteren Auswuchs dieses Denkens.

Die äußeren Mauern und Trennungen sind der Ausdruck der Mauern in uns. Wir meinen, sie zum Schutz vor Gefahren und Feinden zu brauchen. Auch zum Schutz vor dem Leid anderer. Wir nehmen nicht mehr wahr, dass sie längst neues unsägliches Leid schaffen, solange die Leidenden auf der anderen Seite sind und wir die schleichende Verhärtung in uns nicht als Leiden wahrnehmen.

Als von den Religionen Berührte wissen wir, dass der Körper dauerhaft nicht durch Mauern zu schützen ist und das Leben nicht ohne Stärkung der Seele zu finden ist, die jede innere und äußere Mauer überwindet.

All diese Gedanken und Szenen wollen wir in unser gemeinsames Gebet nehmen.

Einladung zum Vorbereitungstreffen des Friedensgebets am Montag, den 19. September um 16 Uhr im Interkulturellen Haus in der Geßlerstr. 11
in Schöneberg (S-Bahnhof Julius-Leber-Brücke oder Bus 104, Haltestelle Kesseldorfstr.). Alle Interessierten sind herzlich einladen!