2012/03 Offenheit und Loyalität

Offenheit und Loyalität

4.3.2012 – 15 Uhr – auf dem Gedarmenmarkt (Nähe Deutscher Dom)

Loyalität entsteht aus Zugehörigkeit. Untereinander spricht man offen, nach außen hin wahrt man aber den Schein der Einheit. In Familien wird nach innen hin Tacheles geredet, aber beim anschließenden Besuch der Nachbarn wird vom internen Konflikt nichts sichtbar. Im Inland kritisiert man den Bundespräsidenten, bei einem Auslands­besuch spricht man ihn nicht auf die umstrittenen Inlandsthemen an. In der eigenen Konfession streitet man sich, aber in der inter­konfessionellen Begegnung zeigt man konfessionelles Profil. Wer nach außen hin kritisch über die eigenen Leute spricht, gilt bei den eigenen Leuten als illoyal.

Zehn Jahre lang durfte ich mit den Freunden und Freundinnen des interreligiösen Gebetes auf dem Gendarmenmarkt in Berlin stehen. Und danach haben wir uns immer in der Gemeinde der deutschsprachigen Muslime getroffen und über die Erfahrungen des Gebets auf der Straße ge­sprochen. Auch heute bin ich jeden ersten Sonntag im Monat im Geiste dabei und fühle mich zugehörig. In dieser zehnjährigen Begegnung ist beides gewachsen. Loyalität und Offenheit.  Manchmal ging es in den Gesprächen hoch her, aber das hing mit einer Zusammengehörigkeit zusammen, die – jedenfalls für mich – aus den Entschluss kam: Gemeinsam als Geschöpfe unter dem Himmel stehen und den Sinn auf das Gebet richten, das ist ein ganz großes Zeichen. In diesem gemeinsamen Stehen entsteht etwas, was wir nicht planen können. Aber das ist ja genau unsere Hoff­nung: Dass wir die Einheit unter allen Geschöpfen nicht planen und machen können. Im Gegenteil, wenn wir uns um einer scheinbaren Einheit willen die gegenseitige Offenheit und darin auch den Widerspruch ersparen, dann geht es nicht weiter, dann wächst nichts weiter.

Es gibt eine Einheit, die gegenseitige Offenheit ermöglicht. Um diese Einheit beten wir in der interreligiösen Begegnung auf dem Gendarmenmarkt.

Einladung zum Vorbereitungstreffen des Friedensgebets am Montag, den 12. März um 16 Uhr im Interkulturellen Haus in der Geßlerstr. 11 in Schöneberg (S-Bahnhof Julius-Leber-Brücke oder Bus 104, Haltestelle Kesseldorfstr.). Alle Interessierten sind herzlich einladen!