2012/04 Friedensfähigkeit

Sich der Friedensfähigkeit zuwenden

1.4.2012 – 15 Uhr – auf dem Gedarmenmarkt (Nähe Deutscher Dom)

Einige Ereignisse der letzten Wochen: Koranverbrennungen durch US-Soldaten, die in Afghanistan eine Welle der Empörung hervorrufen; im selben Land nun der Amoklauf eines Soldaten, der 16 zivile afghanische Opfer fordert; das Todesurteil gegen den vor 15 Jahren zum Christentum konvertierten Iraner Youcef Nadarkhani; die Tötung des 18-Jährigen Jusef El-A in Berlin-Neukölln in der letzten Woche bei einer Messerstecherei. Gemeinsam ist diesen Ereignissen, dass sie große öffentliche Aufmerksamkeit und heftige Emotionen auslösen. Es sind gewalttätige Handlungen, Auslöser für neue Gewalt, Folgen vorangegangener Gewalt, Ausdruck von Gewaltherrschaft.

Fast schon gewöhnt an solche Geschehnisse drohen Abstumpfung oder Zynismus, doch wenden wir einem dieser Ereignisse tiefere Aufmerksamkeit zu und können wir die Erschütterung unseres Mitgefühls zulassen, spüren wir deutlich Trauer und Schmerz.

Was bewegt Menschen zu solchen Handlungen? Offenbar sind sie geschehen in Situationen völliger Verlorenheit, der Feindschaft, des Unverständnisses oder der Missachtung der Werte des Lebens. Sie haben Tendenz, eine Gewaltspirale zu nähren. Was kann ein Impuls für einen Ausweg sein? Ist der Aufruf zur Vergebung aus dem Mund des Vaters, des gewaltsam ums Leben gekommenen jungen Mannes in Neukölln anlässlich dessen Beerdigung ein solcher Impuls? In einer Atmosphäre des Hasses und der aufgeputschten Emotionen scheint ein solcher Schritt vielleicht naiv und unrealistisch, weil möglicherweise ohne große Wirkung. Ein Blick zurück auf ehemaligen „Todfeinde“ von kriegerischen Auseinandersetzungen zeigt uns aber, dass Aussöhnung und sogar Vergebung möglich sind. Allerdings oft erst nach Jahren und Jahrzehnten erbarmungslosen Kampfes und nach einem zeitlichen Abstand, wo die nachfolgenden Generationen erkennen, dass auch die „Anderen“ Menschen sind.
Warum kann Vergebung nicht schneller geschehen? Die vergebende Haltung Einzelner und von Gemeinschaften, z.B. die unmittelbar besonnene Reaktion der Norweger nach dem Massaker in ihrem Land vor einigen Monaten, erscheint als Wegweiser. Ein Handeln zeigt sich, das aus einer größeren Stärke kommt, als das scheinbar alternativlose Zurückschlagen und Rachedenken.
Ein Anlass für unser Gebet, das anzuschauen, was in uns Muster des Unverständnisses und bequeme Feindbilder überwindet und uns auf die Weiterentwicklung unserer Friedensfähigkeit zu besinnen. Und sie im gemeinsamen Gebet zu erbitten.

Einladung zum Vorbereitungstreffen des Friedensgebets am Montag, den 16. April um 16 Uhr im Interkulturellen Haus in der Geßlerstr. 11 in Schöneberg (S-Bahnhof Julius-Leber-Brücke oder Bus 104, Haltestelle Kesseldorfstr.). Alle Interessierten sind herzlich einladen!